Meine Entscheidung meine Kräuterbehandlung jetzt selbst in die Hand zu nehmen tat mir so gut! Ja, manchmal kam ein kleines Gefühl von Unsicherheit, wenn etwas nicht so passte und mein Fortkommen stagnierte. Aber ich bekam das Gefühl immer sofort in den Griff, als ich mir in Erinnerung rief, dass es mit „externen“ Therapeuten immer wieder deutlich stärkere Einbrüche gab. Dahin wollte ich nun nicht mehr zurück und schon verschwand die Unsicherheit. Denn mit einem entscheidenden Fakt, konnte ich mein Unterbewusstsein beruhigen: Seit ich mir selbst die Rezepturen austüftelte, hatte ich nicht mehr diese großen Aufs und Abs. Endlich war mein Zustand nicht mehr so eine Wundertüte und bescherte mir eine beginnende Entspannung. Und der Zusammenhang war offensichtlich: Ich änderte in der Rezeptur, in der ich meine „Lieblingskräuter“ vereint hatte (für Insider: es war eine Mischung aus der traditionellen Rezeptur Sini San und Chai Hu Tang) nur minimal. Ich prüfte täglich Puls und Zunge, was sich für mich als absolut zuverlässige Diagnosemethode herausstellte, obwohl ich nur das Allernötigste beherrschte, beachtete noch die Veränderung der Symptome im Körper und dann stellte ich die Rezeptur danach ein. Manchmal änderte ich ein halbes Gramm an einem einzigen Kraut. Und schon hatte ich mich wieder ein Stück zur Besserung bewegt.
Ich bekam immer mehr Zutrauen in meine eigene Behandlung und damit auch Vertrauen, dass mein Zustand jetzt stabiler war. Und da kam die Motivation….
Auf einmal war es da: ja, ich wollte mir ein paar Geigenschüler suchen und der Krankheit weiter zeigen, dass ich mich nicht unterkriegen lasse. Dieser Wunsch fühlte sich super an und ich gab eine Annonce auf. Binnen weniger Tage hatte ich gleich ein paar Anfragen. Oh, wie war das herrlich! Ich vereinbarte meine ersten Termine und freute mich darauf. Von diesem Augenblick an gab ich meinen Symptomen eine andere Bedeutung. Es waren weiterhin noch viele da: Benommenheit, Konzentrationsstörungen, Schwäche nach Anstrengung, Bleibeine, Verdauungsträgheit, Wortfindungsschwierigkeiten, Kopfschmerzneigung sehr hoch. Hätte ich diese Symptome aus einem gesunden Zustand plötzlich gehabt, wäre ich nie auf die Idee gekommen zu arbeiten. Aber ich hatte mich inzwischen so daran gewöhnt, dass sie mich begleiteten, dass ich auch gelernt hatte, damit umzugehen. Aber zusätzlich schaute ich sie inzwischen anders an. Sie waren da aber ich gab ihnen keine Beachtung mehr. Und schon gar nicht ließ ich mich von meinen Vorhaben abbringen, „nur“ weil es da Symptome gab.
Die ersten Termine waren noch sehr anstrengend. Ich legte sie immer so, dass ich an einem Tag nur einen Schüler hatte. Da konnte ich sofort nach der Stunde aufs Sofa fallen und mich ausruhen. Aber das Glücksgefühl mich gegenüber meiner Krankheit durchgesetzt und mich nicht von den CFS-Symptomen abhalten lassen zu haben, war größer als alle Bedenken oder Ängste es nicht zu schaffen. Diese Genugtuung stärkte mich und ich wusste, dass das ein guter Weg war mit dieser bedingungslosen Kampfansage an meine Krankheit bzw. meinen Virus Victor, der von nun an immer weiter zurückgedrängt werden sollte.
Es war auch ein tolles Gefühl wieder ein paar Euros verdient zu haben. Krankengeld erhielt ich schon lange nicht mehr, das Übergangsgeld vom Arbeitsamt war auch schon ausgelaufen und der Erwerbsminderungsrentenantrag noch nicht bewilligt. Ich lebte also einzig von der finanziellen Unterstützung meines Mannes.
Von meinem ersten „Lohn“ lud ich meinen Mann zum nahegelegenen Bäcker zum Frühstück ein und wir verbrachten dort einen schönen entspannten Morgen bei Sonnenschein.