Nun hatte ich seit dreieinhalb Jahren Erfahrung mit meiner Krankheit. Ich hatte sehr viele Möglichkeiten kennengelernt, wie man Erkrankungen behandeln kann und schon Einiges sammeln können, was wirklich hilfreich war. Durch die TCM praktizierte ich schon lange selbst einige Techniken wie QiGong, Atemübungen oder die Umsetzung der Ernährung nach TCM. Auch Gedankenhygiene stand bei mir hoch im Kurs. Als ich die Reha verließ hatte ich -zu Hause angekommen- eine große Motivation ein Trainingsprogramm zu entwerfen, was nicht nur mir sondern vielleicht auch einmal anderen CFS-Erkrankten helfen könnte. So probierte ich weiter, hielt aber sehr am asiatischen Gesundheitswissen fest, denn das war das Einzige was ich gefunden hatte, was spürbar mehr Wohlbefinden brachte. Ich versuchte einen Tagesplan zu entwerfen, denn ich wusste, dass Regelmäßigkeit auch eine große Hilfe für den Körper ist. Auch auf Rituale, was ja Regelmäßigkeiten irgendwie auch sind, reagiert das Zentralnervensystem mit Entspannung. Nach der Reha brauchte ich vier Wochen, um wieder auf dem Energieniveau zu sein, wie vorher. Danach begann ich mit diesem vorläufigen Programm:
Nach dem Aufstehen Trockenbürsten, 30min QiGong, warmes gekochtes Frühstück, Spaziergang. Danach Ausruhen auf dem Sofa und Zuführen von viel moderater Wärme z. B. eine lauwarme Wärmflasche. Dabei gute Gedanken machen, manchmal schaute ich mir auch Fotoalben an, wenn ich mich vom Spaziergang wieder erholt hatte. Mittagessen kochen, Mittagschlaf. Nachmittagstee. Am Anfang war für mich da schon der Tag zu Ende, ich schaffte meist nichts mehr. Zwischendurch auf dem Sofa oder beim Spaziergang praktizierte ich meine Atemübungen. Im Mai 2018 hatte ich aber ein schönes Zwischenhoch und da konnte ich dann auch nachmittags noch einen Spaziergang machen. Abendessen war meist der Rest vom Mittagessen, also auch gekochtes Essen, kein Brot. Danach versuchte ich mich noch etwas zu dehnen oder meditierte. Musikhören oder Buchlesen war für mich noch ein Unding. Meine Aufnahmekapazität reichte dafür nicht. In völliger Stille ging es mir am Besten. Um 22Uhr spätestens war ich im Bett.
Das hört sich nach einem richtig schönen Urlaubstag an. Aber nicht zu vergessen, dass ich um die Zeit noch viele Symptome hatte, wie Benommenheit/Schwindel, Verdauungsstagnation mit Klumpengefühl im Bauch, Kopfschmerzen, Muskelschwäche, Verstopfung, Konzentrationsschwäche, Bleibeine, manchmal Kurzatmigkeit oder Herzklopfen/Herzstolpern. Es war eine große Aufgabe diese Symptome in den Hintergrund zu manövrieren und mich auf mein Tagesprogramm zu konzentrieren. Es war so schwer, wenn ich z.B. rasende Kopfschmerzen hatte, mir dann schöne Gedanken zu machen oder trotzdem hinaus zu gehen. Früher, wenn ich Kopfschmerzen hatte, dann sagte ich mir, OK dann bleib ich eben mal zu Hause und ruhe mich auf dem Sofa aus. Aber jetzt hatte ich IMMER durchgängig, sogar nachts, Symptome und ich konnte das nicht mehr sagen, denn ich wollte nicht den ganzen Tag auf dem Sofa liegen sondern TROTZDEM etwas tun. Und ich versuchte das immer wieder, um meinen Körper zurückzuerobern und wieder die Oberhand gewinnen zu können. Kostete mich auf der einen Seite viel Durchsetzungskraft, schenkte mir aber trotzdem Energie, wenn ich mich durchgesetzt hatte. Dann war ich stolz auf mich und ich fühlte mich irgendwie ein klitzekleines Stück besser. Und mit diesen kleinen Trainingseinheiten experimentierte ich ab diesem Zeitpunkt immer mehr und es tat mir gut, meine Gesundheit etwas mehr in die eigene Hand genommen zu haben.